Worum geht’s?
LKW-Verteilerzentrum direkt angrenzend an zwei Natura2000-Gebiete
Die Stadt Villach plant zusammen mit einem deutschen Investor die Verbauung von insgesamt 20 Hektar in Schütt-Federaun.
Die für den Bau vorgesehenen Flächen sind als „Federauner Felder“ bekannt. Sie bilden eine wichtige Offenlandschaft im östlichen Teil der Schütt und dienen als Pufferzone zwischen der Autobahn, Industriegebiet sowie dem Logistikzentrum LCAS in Fürnitz einerseits und den Natura2000-Gebieten „Schütt-Graschelitzen“ und „Villacher Alpe Dobratsch“ andererseits. Die beiden Natura2000-Gebiete sind Teil des Naturpark Dobratsch.
Das Areal ist für viele geschützte und selten gewordene Arten ein notwendiger Lebensraum, denn es wird als Brutplatz, Rastplatz und auch als Jagdrevier genutzt. Eine wunderschöne Landschaft, die sich auf einer Größe von ca. 28 Fußballfeldern (20 ha) erstreckt.

Auf den "Federauner Feldern" und dem umgebenen seltenen Auenwaldbestand plant die Stadt Villach, zusammen mit der Deutschen Logistik Holding, ein LKW-Verteilerzentrum ohne Bahnanschluss. Auf der gegenüberliegenden Seite der Gail, getrennt von den Federauner Feldern durch den erwähnten Fluss, als auch durch die A2 Autobahn, befindet sich das bereits bestehende, jedoch nicht ausgelastete Logistikzentrum LCA- Süd (1).
Geht es nach den Projektbefürwortern soll das LCAS nicht auf den bestehenden, teilweise leerstehenden Grundstücken in der Nachbargemeinde Finkenstein ausgebaut werden. Stattdessen soll ALPLOG Nord beziehungsweise seit neuestem auch LCAS-Nord genannt, auf der Nordseite des Flusses entstehen, im Gemeindebereich der Stadt Villach. Hier plante schon Jörg Haider zusammen mit einem Kärntner Unternehmer ein Fußball-Stadion auf den Feldern. In der Folge wurden ihnen, trotz der Bedeutung für die
umliegenden Schutzgebiete, der Status als Landschaftsschutzgebiet und Teil des Naturpark Dobratsch aberkannt. Seit 2006 gibt es Pläne für ein Logistikzentrum an dieser Stelle.
Ökologisch wertvoll: die Federauner Felder
Das Areal ist für viele geschützte und selten gewordene Arten ein notwendiger Lebensraum, denn es wird als Brutplatz, Rastplatz und auch als Jagdrevier genutzt. Eine wunderschöne Landschaft, die sich auf einer Größe von ca. 28 Fußballfeldern (20 ha) erstreckt.

Seit über 15 Jahren wurde die Wiese zum Heu machen für den direkt auf der Fläche gelegenen Reiterhof genutzt. Nachdem die Stadt die Fläche im Frühjahr verpachtete, wurde dort Industriemais für eine Biogasanlage angebaut. Trotz dieser erschwerten Bedingungen für Flora und Fauna, konnten auf der Fläche im vergangenen Jahr zahlreiche selten gewordene und geschützte Arten beobachtet werden (2).
Diese Biodiversitäts-Hotspots sind von den benötigten Hochwasserschutz-Maßnahmen und dem Bau einer Zufahrtsstraße bedroht. Um die, in einer Hochwassergefahrenzone liegenden Felder „baureif“ zu machen, müssen sie teilweise um mindestens einen Meter aufgeschüttet werden. Auch eine Straßenverlegung und der Bau eines großen Retentionsbeckens für den Hochwasserschutz bedrohen die erwähnten Feuchtgebiete und Auenwald-Bestände. Zudem verlieren nicht nur die Tiere, die direkt auf der Wiese leben ihr zu Hause, sondern auch jene, die eigentlich in den Europaschutzgebieten zu Hause sind, ihr in der sonst sehr steilen und bergigen Gegend liegendes flaches Jagdrevier.
Der Verein Birdlife stufte die Offenlandschaft deshalb auch als faktisches Vogelschutzgebiet ein (3). Diesbezüglich wurde im Juli 2008 auch eine Beschwerde an die Kommision der Europäischen Union (4) gerichtet, die jedoch keine rechtlichen Konsequenzen hatte. Der Kärntner Alpenverein urteilte in einer Aussendung vom 21.10.2022 (4) das Projekt ALPLOG Nord, sei aus naturschutzrechtlicher Sicht "ausdrücklich abzulehnen". Als Gründe werden die Bedeutung der Federauner Felder für die angrenzenden Natura2000-Gebiete genannt, aber auch dass - anders als von Projektbefürwortern behauptet - hier nicht der der Warenverkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden kann.

ALPOG Nord: Raumplanerisch verfehlt
Das Logistikzentrum ALPLOG Nord soll auf der "Villacher" Nordseite der Gail entstehen. Im Süden, auf dem Gebiet der Gemeinde Fürnitz, befindet sich das bestehende Logistikcenter Austria Süd (LCAS) mit einem Verschiebebahnhof und einem Güterterminal der ÖBB. Insgesamt 120 Hektar ist das Areal groß, auf dem die Logistikunternehmen Grundstücke erworben haben. Doch schon seit Jahren ist das Logistikzentrum nicht voll ausgelastet, einige Unternehmen halten ihre Hallen und Betriebsgebäude vor und lassen sie leerstehen. Aus diesem Grund ist es auch dem Finkensteiner Bürgermeister Christian Poglitsch (ÖVP) nicht verständlich (5), weshalb der Villacher Bürgermeister (SPÖ) hier ein Parallelprojekt plant, während auf der anderen Flussseite bereits versiegelte Flächen leerstehen und auch Erweiterungsmöglichkeiten bestehen, die sich nicht in unmittelbarer Nähe zu Naturschutzgebieten, sondern zu Industriegebieten befinden.

ALPLOG Nord ist ein Beispiel für die dysfunktionale Raumordnungspolitik in Österreich, aber auch speziell in Kärnten. Unter den Bundesländern des Bodenverbauch-Europameisters Österreichs befindet sich Kärnten an der Spitze der Statistik (6,7). Und auch Villach ist kein Musterknabe beim Bodenverbrauch, im Gegenteil: Betrachtet man den Bodenverbauch pro Einwohner:in liegt Villach im Ranking der größten Städte Österreichs auf Platz 3.
Die gerade so knapp werdenden fruchtbaren Ackerböden sollten nur im äußersten Falle, aber eigentlich überhaupt nicht mehr angegriffen werden. Schon jetzt verfügt Kärnten nicht mehr über genügend landwirtschaftliche Flächen, um die Selbstversorgung mit Lebensmitteln sicherzustellen. Um den Bau trotzdem zu rechtfertigen, wird das Projekt „grün“ angestrichen und versucht die überflüssige Bodenversiegelung als nachhaltig zu verkaufen.
Angeblich „Grünstes Logistikzentrum Europas“
Von der Stadt Villach wird das Projekt als grün und nachhaltig angepriesen. Es wird immer wieder von Befürwortern besonders hervorgestrichen, dass nur die Hälfte der insgesamt 46 Hektar, die von der Stadt Villach in Federaun angekauft wurden, verbaut werden würden. Dies ist jedoch nicht verwunderlich, da sich die Hälfte dieser Flächen in der unverbaubaren Uferzone befindet, die zwischen der Gail und der A2 liegt.
Auch die sogenannten „Ausgleichsmaßnahmen“ sind zumindest fragwürdig: Für die Zerstörung der ca. 20 Hektar Offenlandschaft, ist vorgesehen eine 7 Hektar große „Ausgleichsfläche“ zu schaffen. Diese befindet sich aber bereits im benachbarten Natura2000-Gebiet und muss, da sie zurzeit noch nahezu vollständig von einem Mischwald eingenommen wird, gerodet werden. Dadurch soll eine ähnliche Offenlandschaft wie auf der am Fuß des Berges liegenden Wiese geschaffen werden.

Das „grünste“ Element der Marketingstrategie ist aber die Behauptung, dass durch den Bau von ALPLOG Nord mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird. Es wird sogar öffentlich von selbstfahrenden E-LKWs geträumt, die zwischen dem LCAS und ALPLOG Nord, über eine öffentliche Bundesstraße wohlgemerkt, verkehren sollen. Sachverständige Gutachten oder Studien zur tatsächlichen Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene gibt es aber keine. Vielmehr wird in der Präambel des Kaufvertrags zwischen Villach und DLH lediglich die Anlieferung der Waren per Bahn versprochen, über die Art des Weitertransports der Waren wird sich - aus gutem Grund - ausgeschwiegen. Denn die LKWVerladestationen von ALPLOG Nord sind nur für Stückgut und nicht für Container geplant. Eine Verladung zurück auf die Schiene ist damit auf dem Gelände schwer möglich. Überhaupt spricht, laut Logistikexperten,die Nähe von ALPLOG Nord zur Autobahn A2 für eine Anlieferung von zu größten Teilen chinesischen Überseeimporten (8) aus dem nahegelegenen Triest, mit anschließender Lagerung und Weiterverteilung in Österreich und Kärnten, für das billigere und schnellere Transportmittel - den LKW.
Während anfangs noch offensiv mit dem Anschluss an die chinesische Seidenstraße geworben wurde (9), ist man diesbezüglich mittlerweile eher um Zurückhaltung bemüht. In der Endausbaustufe in Schütt-Federaun wird in der Projektbeschreibung eine LKW-Frequenz von 575 pro Tag angegeben, das sind zu Stoßzeiten jede Minute und in den Zwischenzeiten jede zweite Minute ein Transport-LKW. Der Verkehrsclub Österreich kritisierte jüngst die massive Zunahme an LKW-Verkehr in Kärnten (10), die meisten davon (ca. 1,8 Millionen jährlich) fahren bereits auf der A2 bei Villach Durch den Bau von ALPLOG Nord würden noch über 200.000 LKW
jährlich dazu kommen
Fragwürdiges Vorgehen seitens der Stadt Villach
Eine abenteuerliche Vorgeschichte hat das Projekt „Logistikzentrum Schütt-Federaun“ allemal. Ursprünglich war dieses Projekt von einem privaten Unternehmer, der bis 2017 im Besitz der Flächen war, in Zusammenarbeit mit einem chinesischen Investor geplant. Als dies aber aus nicht näher bekannten Gründen nicht zustande kam, ging alles schnell. Das Unternehmen des bis heute in Federaun ansässigen Geschäftsmanns ging in Konkurs. Dann ein Schicksalsschlag: der Unternehmer erlitt einen schweren
Autounfall und lag im Koma. Währenddessen lief jedoch das Insolvenzverfahren weiter und das Bezirksgericht beraumte die Zwangsversteigerung der Liegenschaften an, noch während der Besitzer im Koma lag (12). In Abwesenheit des Besitzers ersteigerte die Stadt als einzige Bieterin, die auf 7,5 Millionen Euro geschätzten Grundstücke (13) Der Unternehmer befindet sich bis heute in einem Rechtsstreit mit der Stadt Villach, im Grundbuch ist er, Stand April 2022, immer noch als Besitzer vermerkt.
Seitdem hat die Stadt Villach viel Geld in die Hand genommen, um der DLH überhaupt die Ansiedlung an diesem fragwürdigen Standort zu ermöglichen. Die ja als Hochwassergefahrenzone ausgewiesene Fläche muss, wie erwähnt aufwendig „baureif“ gemacht werden: ca. 11 Millionen Euro Steuergeld kosten eine Verlegung der angrenzenden Landstrasse und der Bau des Hochwasserschutzes für ALPLOG Nord.

Eine weitere fragwürdige Entscheidung war der Ankauf von einer sogenannten „Ausgleichsfläche“ mit ca. 7 Hektar in Oberfederaun vom Immobilienunternehmen P.A.L.M Gmbh. Diese hatte vorher bei einer Zwangsversteigerung ca. 100 Hektar in Oberfederaun inkl. Gebäuden für 1,5 Millionen Euro (14) ersteigert, also zu einem Quadratmeterpreis von nur 1,5 Euro. Die Stadt Villach bezahlte dem Unternehmen insgesamt knapp 900.000 Euro für diese 7 Hektar. Das entspricht einem Quadratmeterpreis von ca. 13 Euro.
Außerdem verliert durch den Abriss des Reiterhofs, die dort lebende Frau samt ihrer beeinträchtigten und auf Pflege angewiesenen Angehörigen, ihren Wohnort (15). Darüber erfahren hat Sie jedoch nicht etwa von der Stadt Villach, sondern aus der Zeitung. So geht es vielen Anrainer*innen aus Federaun und der Schütt, die die abgeschottete Kommunikationspolitik der Stadt scharf kritisieren.
Quellen:
1. https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/5702202/Logistik_Umschlag-in-Fuernitz-nur-zu-40-Prozentausgelastet
2. https://rettmadieschuett.info/aktuelle-naturbeobachtungen-am-bedrohten-areal/
3. http://datazone.birdlife.org/site/factsheet/villacher-alpe-dobratsch-iba-austria
4. https://rettmadieschuett.info/wp-content/uploads/2023/01/Beschwerde-EU_24.7.2008.pdf
5. https://www.alpenverein.at/kaernten/home/topnews/AlpLogNord.php
6. Scharf, Eva-Maria(2022): Finkenstein hinterfragt Villach-Vorhaben, Kleine Zeitung 25.2.2022
8. BEV und Umweltbundesamt, Flächeninansprachnahme pro Einwohner 2020
8. https://cdn.lrh-ktn.at/f/101163/x/10cb7ac47e/lrh_bericht_klimaschutz.pdf Seite 107 (Pdf 119) unten
9. https://www.ktn.gv.at/Service/News?nid=27561
10. https://vimeo.com/236045694
11. https://www.kleinezeitung.at/kaernten/6221427/Massiver-Anstieg_Mehr-Lkw-auf-Kaerntens-Autobahnenals-vor-Corona
12. https://www.meinbezirk.at/villach/c-lokales/unfall-tragoedie-um-einen-villacher-unternehmer_a2191942
13. https://www.kleinezeitung.at/kaernten/villach/aktuelles_villach/5246359/Villach_Zwangsversteigerungmit-Seltenheitswert
14. https://www.zwangsversteigerung-immobilien.at/gasthaus-waldgrundstuecke
15. https://www.kleinezeitung.at/kaernten/villach/6094344/Mieterin-muss-raus_Stadt-Villach-will-
Einfamilienhaus-fuer
16. https://kaernten.orf.at/stories/3186712